Wo wächst Bärlauch in Leipzig?

Als ich nach Leipzig gezogen bin, wusste ich nur sehr wenig über die Gegend, außer dass es einen wunderschönen Wald gab, der die ganze Stadt durchzieht – ein Auwald, wie ich später lernte. Im ersten Frühjahr besuchte ich regelmäßig diesen tollen Wald. Als junge geisteswissenschaftliche Studentin in der Selbstfindung habe ich mich wenig im Detail mit den Pflanzen hier beschäftigt, doch der Bärlauch war der erste hier in Leipzig, der mein Interesse auf sich zog. Er macht sich einfach unübersehbar! Seit vielen Jahren nun genieße ich seinen unvergleichlichen Lauchgeruch, der einen überall – manchmal sogar in der Stadt selbst – einlullt. Kaum ein Leipziger kann diesem Geruch entkommen und viele habe ich schon darüber schimpfen hören. Wenn sie wüssten, welche ehrwürdige Heilpflanze aus der Familie der Lauchgewächse (Alliaceae) sich hinter dem durchaus aufdringlichen Geruch verbirgt!

Wissenswertes zur Bärlauchblüte und Pflanzenanatomie

An einem hohlen dreikantigen Stängel entwickelt sich ab Mitte/Ende März eine Scheindolde mit wunderschönen weißen sternförmigen Bärlauchblüten, denen die Zahl 3 sehr wichtig ist – drei Drüsen in einem dreifächrigen Fruchtknoten und sechs Blütenblätter. Doch lange vor der Blütezeit schieben sich aus länglichen, in der Erde verborgenen, weißen Zwiebeln seine hellgrün glänzenden schwertförmigen Blätter durch das Laub oder die Schneedecke des Waldes. Selbst wenn die kleinen Auwald-typischen Steh-Gewässer wieder zufrieren – die Bärlauchspitzen schauen durch die Eisdecke, unverwüstlich und geduldig abwartend bis es wieder wärmer wird und sie endlich zu ihrer vollen Größe und Menge heranwachsen können. Anderen Namen für den Bärlauch sind übrigens: Hexenzwiebel, Wilder Lauch, Ramsel, Waldknoblauch und Waldlauch.

Was hat der Bär mit dem Lauch zu tun?

Die Menge, besser die Masse ist sehr wichtig für die Bärlauch-Pflanze – man trifft sie nie allein und sollte der Bestand gering sein, wird er sich sehr schnell vermehren. Entweder durch die schwarzen Samen die sich bereits im Juni oder Juli entwickeln und die von Ameisen sehr gerne durch die Gegend getragen und natürlich auch verspeist werden oder durch Wurzelausläufer. Man kann es kaum glauben – so rasant, wie sich der Bärlauch auch vermehren kann – die Samen brauchen 14 Monate, um zu keimen. Wo uns der Bär mit seiner Größe und seiner kräftigen Ausstrahlung beeindruckt, erreicht der Bärlauch dies mit seiner Masse und seinem Geruch. Die darin enthaltenen Senfölglykoside steigen uns leicht scharf in die Nase und entzünden das Lebensfeuer in uns – Feuer ist das wohl ausschlaggebende Element des Bärlauchs.

Im lateinischen Allium für „Lauch“ (Ursinum für Bär genannt) ist er u.a. dem Planeten Mars zugeordnet. Dieser Planet besitzt die (Frühlings-)Kraft, alles nach dem langen Winterschlaf zu neuem Leben zu erwecken. Der Bärlauch steht für Freiheit, Klarheit und den Neuanfang.
Er gehört zu den Pflanzen, die auf unseren Körper wärmend und feucht wirken. Er liebt feuchte und schattige Wälder. Diese Feuchte spiegelt sich auch in seinem zweiten Planet – dem Neptun. Dadurch kann er feste Strukturen auflösen und ins Fließen bringen. Was für eine Pflanzenpersönlichkeit! Sie verbindet die Kraft und Hitze des Feuers mit dem Fließen des Wassers, erwärmt den Körper und bricht Verhärtungen auf. Unsere Vorfahren wussten, welche Potenz in ihr steckt und benannten sie nach dem Bär. Mit seiner Stärke konnte der Bär als fruchtbarkeitsförderndes Krafttier und Frühlingsbringer die Herrschaft des Winters beenden. Es gibt viele Pflanzen, die nach Tieren benannt sind. Die Bärenpflanzen stehen für Neuerung, Revitalisierung und Reinigung. Früher glaubten die Menschen fest daran, dass man die Kraft bestimmter Tiere in sich aufnehmen kann, indem man ihnen entsprechende Pflanzen isst.

Inwiefern ist Bärlauch gesund für uns?

Konkret wirkt der Bär-Lauch in unserem Körper auf drei verschiedenen Ebenen: er reinigt das Blut, löst Arterienverkalkungen und hilft bei Bluthochdruck. Er entfacht unser Verdauungsfeuer und baut eine gesunde Darmflora auf – besonders gut nach Antibiotika-Behandlungen – und er findet Anwendung bei Erkrankungen der Lunge.

Bärlauch verarbeiten – so gehts.

Wer also seine Wintermüdigkeit schnellstmöglich loswerden möchte, der macht es am besten wie die Leipziger, die ihn lieben. Man kann den Bärlauch im Frühjahr verarbeiten zu: Bärlauchsuppe, Bärlauchpesto und Bärlauchbutter und sich, wie meine Tochter jedes Jahr, ein Sträußchen der zauberhaft duften Sterndolden pflücken!

…und sollte beim Sammeln eine Mücke stechen, kann man sich gleich zur Linderung ein zerriebenes Bärlauchblatt auf den Stich legen…

Bärlauch Rezepte zum Ausprobieren:

Für die Verwendung im Haushalt, für Kosmetik und in der Küche ist zu beachten:
Am wirkstoffreichsten ist der Bärlauch frisch zubereitet, denn durch das Erhitzen gehen viele seiner Wirkstoffe verloren. Trotzdem ist es ein leckeres Gemüse, das durch den Kochvorgang bekömmlicher wird und seinen starken Eigengeschmack verliert. Zudem entsteht beim Genuss des wilden Knoblauchs nicht der Knoblauch-typische Körpergeruch.

Bärlauchpesto:

Ca. 20g Bärlauchblätter waschen, fein hacken. 1 EL Pinienkerne in einer beschichteten Pfanne ohne Fett bei leichter Hitze rösten, bis sie duften. Die Bärlauchblätter zusammen mit 1-2 EL Olivenöl, den Pinienkernen und 50 g geriebenem Parmesan pürieren. 2-3 Stunden ziehen lassen. Evtl. mit Salz und Pfeffer abschmecken. Geeignet für Nudeln oder zu Baguette.

Bärlauch-Öl:

Ca. 100g gewaschene Bärlauchblätter zerkleinern und in eine Flasche geben. Pfefferkörner und Zitronenschale dazugeben und mit Olivenöl übergießen. Ca. 1-2 Wochen bei Zimmertemperatur stehen lassen, dann abseihen. (Rezept von Susanne Fischer-Rizzi)

Bärlauch-Quark:

Frische Bärlauchblätter fein hacken und mit Quark mischen. Quark ggf. mit Joghurt oder Sahne verfeinern. Es sieht besonders hübsch aus, wenn man Blüten mit dazu gibt.

Bärlauch-Butter:

Frische Bärlauchblätter fein hacken und mit zimmerwarmer Butter und ca. 0,5 TL Kräutersalz verrühren. Butter kann z. b. über eine ausgestreute Blütenmischung gerollt werden.

Bärlauch-Paste (Grundlage z.B. für Pesto):

Reichlich Bärlauchblätter waschen, evtl. durch einen Fleischwolf drehen (oder sehr klein schneiden, pürieren). Etwas Steinsalz dazugeben sowie etwas Olivenöl, alles gut vermischen. In kleine Schraubgläser füllen, Oberfläche glatt streichen, ca. 1 cm Olivenöl darauf geben, Gläser zuschrauben und in den Gefrierschrank stellen oder als Platte einfrieren.– hier kann man später einzelne Stückchen herausbrechen, ohne dass man die
ganze Platte auftauen muss.
Im Winter kann man mit der Bärlauch-Paste die Salatsauce verfeinern, ebenso wie Gemüseeintöpfe, oder auch die Nudelsauce. Einmal angebrochen, hält sich die Paste noch 4 Wochen im Kühlschrank.

Bärlauchsuppe (für 4 Personen):

Zutaten: 1 gehackte Zwiebel, 150 g geschnittene Bärlauchblätter, 4 gewürfelte Kartoffeln, 700 ml Gemüsebrühe, Salz, Pfeffer, 50 ml Sahne oder Creme fraiche, 2 EL Butter, 3 Scheiben Brot

Zubereitung: Die kleingehackte Zwiebel in etwas Butter in einem Topf goldgelb andünsten. Mit der Brühe ablöschen und die Kartoffeln und Bärlauch zufügen. Ca. 10 Minuten leise köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

In der Zwischenzeit das Toastbrot würfeln und in einer Pfanne in 2 EL Butter goldgelb anrösten.

Die Suppe vom Herd nehmen und mit dem Pürierstab pürieren. Sahne zugeben und kurz aufkochen lassen. Wer mag, gibt kurz vor dem Servieren einen Klecks Creme fraiche in die Suppe. Die Suppe auf Teller verteilen und mit Toastbrot-Croutons garnieren.

Grüne Suppe:

Suppen und Eintöpfe aus Wildkräutern haben eine lange Tradition. Früher gab es eine sogenannte „Gründonnerstagssuppe“. Sie enthielt die ersten wilden Frühlingskräuter, wie z.B. Brennnessel, Bärlauch, Brunnenkresse, Löwenzahn, Giersch, Gundermann, Gänseblümchen, ,Sauerampfer, Schafgarbe, Spitzwegerich, Wiesenschaumkraut, Vogelmiere oder Wiesenknopf.

Als Basis ist am besten eine Gemüsebrühe geeignet, die entweder mit Kartoffeln, Ei oder Getreideschrot gebunden wird. Dann die fein geschnittenen Wildkräuter zufügen. Evtl. cremig pürieren. Zum Schluss mit etwas Sahne verfeinern und mit gerösteten Brotwürfeln (Croutons) servieren.

Mit schönen, schmackhaften Wildblüten kann man dann noch wunderbar dekorieren. Man kann die Bärlauchblätter auch in einem Kräuterbrot verbacken. Die Blütenknospen des Bärlauch sind angedünstet sehr schmackhaft und können als Gemüse mit einer Soße serviert oder einer Kartoffelsuppe hinzugefügt werden.

Viel Freude damit wünscht euch
eure Esther Kempf