Die Welt der Pilze im Frühling

Ein Beitrag von Marco Wessel – Erlebnispädagoge der Wildnisschule

Zum Frühlingsbeginn im März erreichte mich auch dieses Jahr wieder ein leichtes Kribbeln in Verbindung mit Fieber. Aber nicht die erhöhte Körpertemperatur aus der Erkältung der zurückliegenden Wintertage ließ mich in Wallung geraten, sondern die nahenden Wachstumsphasen von Seltenheiten aus der Welt der Pilze. Ab April beginnen die ersten Speisepilze aus der Familie der Schlauchpilze, ihre Fruchtkörper durch den noch auftauenden Erdboden zu schieben. Neben den zwei größeren Schlauchpilz-Familien Lorcheln und Becherlinge haben es mir besonders die Morcheln und ihre Verwandtschaft angetan. Hierzu zählen Böhmische Verpeln, Speise-, Käppchen- und Spitzmorcheln.

Was die Morcheln und Verpeln so besonders macht

Das Morchelfieber hält mich in seinem Bann und schon Tage und Wochen vor dem eigentlichen Start beginne ich mit den Vorbereitungen für eine erfolgreiche Suche nach diesen seltenen und schützenswerten Kostbarkeiten. Ich checke Boden- und Gebietskarten, um nach neuen Habitaten Ausschau zu halten, analysiere Wettervorhersagen, plane Ausflüge im Kalender und schaue mir Videos und Fotos aus den letzten Jahren an. Denn die Suche nach Morcheln und ihrer Artverwandtschaft, den Verpeln, ist im April nicht mit dem Herbst vergleichbar. Erscheinen tun sie nämlich nur an Orten, an denen gefühlt kein Menschenfuß einen Schritt hinterlassen hat und die Natur noch machen darf, was sie will. Diese Habitate werden leider immer rarer und auch das neuerliche Eschensterben hat Einfluss auf das Vorkommen dieser einzigartigen Pilze. Zu dem sind Morcheln echte Diven bezüglich des Wetters. Es darf nicht zu kalt, nicht zu trocken, zu windig, nicht zu feucht oder sonnig sein – sonst bilden sie keine oder nur deformierte Fruchtkörper aus. Zudem braucht es natürlich die Kenntnisse, in welchen Habitaten sich die Morcheln und Verpeln ansiedeln.

Marco erklärt: Hier fühlen sich die Pilze am wohlsten

Grundvoraussetzung ist ein basisch-kalkhaltiger Boden. Dieser ist oft an Fluss- und Bachauen zu finden. Pflanzen wie Bärlauch, Lungenkraut, Buschwindröschen, Schlüsselblumen, Lerchensporn, Huflattich oder Leberblümchen zeigen an, dass ich im potenziell richtigen Gebiet unterwegs bin. Auch wenn Morcheln und Verpeln keine Symbiose mit Pflanzen und Bäumen eingehen, wachsen sie sehr gern in der Nähe von Eschen, Pappeln (Verpeln), Apfelbäumen oder Weißtannen (Spitzmorchel). Außerdem erscheinen Spitzmorcheln ab und zu auf frisch ausgebrachtem Rindenmulch. 

Jedes Jahr aufs Neue gehe ich ganz andächtig in die ausgewählten Habitate, um diese meisterhaft getarnten Pilze zu entdecken. Wie ein Fuchs bewege ich mich dabei auf ganz achtsamen Sohlen, um die kostbaren Begleitpflanzen nicht zu zertreten und natürlich auch, um die Bereiche rings um die Baumfreunde genau zu scannen. Es ist wie eine Form der Meditation, seinen Körper bewusst zu bewegen und sich gleichzeitig auf das Aussehen der Fruchtkörper zu fokussieren. Ein tiefes Glück durchströmt mich, habe ich einen der Pilze im Laub ausgemacht. Und auch dieses Jahr durfte ich einige Male innerlich jubeln und hatte das Glück auf einer Tour Anfang April in der Nähe von Borna einige Böhmische Verpeln und etliche Fruchtkörper der sehr seltenen Zipfellorchel zu entdecken. Im Gegensatz zu den essbaren Verpeln, ist in Lorcheln ein hoher Anteil des Giftstoffes Gyromitrin, weshalb diese für Speisezwecke ungeeignet sind. Aufgrund ihres teils urigen Wachstums dienen sie natürlich trotzdem für wunderschöne Naturaufnahmen.

Bei meiner zweiten erfolgreichen Tour hat es dann auch mit dem Fund von Speise- und Käppchenmorcheln am Ufer der Pleiße geklappt.

Und da es gestern geregnet hat, werde ich bestimmt bald nochmal zu einer weiteren Schatzsuche aufbrechen. Natürlich gibt es noch so viel über das Mysterium Pilz, seine unzähligen diversen Fruchtkörper und ihren positiven Eigenschaften für unser Leben zu berichten. Wenn ich eure Neugier geweckt habe, schaut gerne auf die Homepage der Wildnisschule Aeracura. Dort findet ihr all meine Pilzexkursionen verteilt über das Jahr. Und so bleibt mir nur, euch mit einigen Impressionen einen wunderschönen Frühling und Sommer zu wünschen. Und vielleicht sehen auch wir uns schon bald im Wald.

Pilzige Grüße Marco

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